Rätsel Grönlandhai: Studie lokalisiert Geburtsgebiet im mittleren Atlantik

Grönlandhaie werden wohl im mittleren Atlantik geboren, ziehen als Jungtiere Richtung Europa. Skagerrak als Hotspot – Schutz großer Weibchen nötig.

Ronny K29. August 2025
Grönlanddhai in derdunklen tiefe

Eine neue Untersuchung zum geheimnisvollen Grönlandhai (Somniosus microcephalus) legt nahe, dass die Tiere im tiefen mittleren Atlantik zur Welt kommen und sich mit Eintritt ins „Teenageralter“ verstärkt Richtung Europa bewegen. Als bevorzugtes Aufenthalts- und Jagdgebiet in dieser Phase identifizierten Forschende die Meerenge Skagerrak zwischen Dänemark, Norwegen und Schweden.

Giganten der Kälte – und der Zeit

Grönlandhaie können bis zu 6,4 Meter lang und mehrere Jahrhunderte alt werden. Sie bewohnen bevorzugt kalte, oft tiefe Bereiche des Nordatlantiks und geraten dort nicht selten als Beifang in Fischereigeräte – ein Risiko für die ohnehin wenig erforschte Art. Für die neue Studie wurden 1.610 Individuen aus 11 Regionen nach Größe, Geschlecht und Entwicklungsstadium erfasst.

In den meisten Regionen dominierten subadulte Weibchen. Erwachsene Weibchen waren etwa in der kanadischen Arktis (Norden) und um Spitzbergen selten oder fehlten ganz, traten jedoch in Südwest-Grönland und Island deutlich häufiger auf. In der südlichen kanadischen Arktis sowie vor Nordwest- und Südost-Grönland wurden adulte Weibchen überwiegend in küstenfernen Gebieten angetroffen – bei Tiefen von 25 bis 1.375 Metern und Wassertemperaturen zwischen −1,54 °C und 10,9 °C. Adulte Weibchen bevorzugten dabei Temperaturen über 4 °C.

Off she goes! We have now tagged our first Greenland shark in the Skagerrak sea. A 3.5m beauty! 😍These calm giants are mesmerizing, and I can't wait until we get the data back. Epic teamwork by @HellstromKGV @DrBrodin, D. Palm and our skilled collaborators. @SLUwildresearch pic.twitter.com/R9S5V4ZtQ4

— Petter Lundberg (@lundberg_petter) July 20, 2022

Skagerrak als Jugendtreff – und Spur zur Kinderstube

Größere Jungtiere wurden in vielen Regionen beobachtet, häuften sich jedoch besonders im Skagerrak sowie in küstenfernen Bereichen der südlichen kanadischen Arktis. Neugeborene oder sehr kleine Jungtiere blieben selten – doch Daten aus wissenschaftlichen Archiven und Sammlungen ergaben einen auffälligen Cluster entlang des Mittelatlantischen Rückens und in der Irmingersee. Dies deutet darauf hin, dass die Hauptwurfgebiete eher dort liegen als – wie früher vermutet – rund um Baffin Island in der kanadischen Arktis.

Ein Vorteil: Diese tiefen mittleren Atlantikbereiche sind weniger stark von der Fischerei betroffen, was dem Nachwuchs zugutekommen könnte.

Schutzbedarf für große Weibchen

Der Grönlandhai ist auf der Roten Liste der IUCN als „gefährdet“ eingestuft. Vor diesem Hintergrund empfehlen die Forschenden gezielte Schutzmaßnahmen für große und potenziell fortpflanzungsfähige Weibchen: sowohl in küstennahen als auch in küstenfernen Gewässern Südwest-Grönlands, in den Offshore-Gebieten der südlichen kanadischen Arktis, in Südost-Grönland sowie in Island.

Die Ergebnisse liefern eine geografische Roadmap für den Schutz: Kinderstuben im tiefen mittleren Atlantik, Jugendhabitate im Skagerrak – und Priorität für adulte Weibchen in ausgewählten Regionen.

Die Studie ist im Fachjournal Ecology & Evolution erschienen.

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